Umsatzsteuer Newsletter 10/2017
Konsignationslager: Direktlieferung nur bei verbindlichem Kaufvertrag
Der BFH hat eine weitere Entscheidung zu einem Konsignationslagerfall veröffentlicht (V R 1/16). Darin spricht sich der BFH gegen eine Direktlieferung aus, weil bei Versendung ins Lager kein verbindlicher Kaufvertrag vorlag. Wenig überraschend bleibt der BFH damit insgesamt seiner eingeschlagenen Linie treu (siehe KMLZ Newsletter 03/2017). Interessant ist auch die weitere Feststellung des BFH, dass die irrtümlich ohne Umsatzsteuer vereinbarte Gegenleistung einen Bruttobetrag darstellt, aus dem die Umsatzsteuer herauszurechnen ist. Dies ist nicht nur für Konsignationslagerfälle maßgeblich, sondern für alle Fälle, bei denen später Umsatzsteuer nachzuzahlen ist.

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1.    Sachverhalt
Eine niederländische B.V. lieferte Bildschirme an einen deutschen Abnehmer. Die Bildschirme wurden dabei in ein Call-off-Stock auf dem Gelände des Abnehmers verbracht. Die B.V. blieb so lange Eigentümerin des Konsignationsbestandes, bis der Abnehmer der B.V. – einmal wöchentlich – eine Aufstellung des in der Vorwoche an seine Kunden verkauften Konsignationsbestandes übermittelte. Der Verkaufspreis der B.V. an den Abnehmer wurde zu dem Tag, an dem der Abnehmer den Konsignationsbestand weiterveräußerte, bestimmt. Die B.V. war verpflichtet, den Konsignationsbestand mindestens drei Wochen im Lager zu belassen; nach Ende dieses Zeitraumes war der Abnehmer berechtigt, den gesamten Bestand oder einen Teil davon an die B.V. zurückzusenden.
2.    Feststehender Abnehmer
Wie bereits in seinem vorherigen Urteil löst der BFH den Fall mit allgemeinen umsatzsteuerlichen Grundsätzen, weil es keine Sonderregelungen für Konsignationslager gibt. Der BFH prüfte deshalb, ob § 3 Abs. 6 UStG zur Anwendung kommen kann und der Lieferort demzufolge in den Niederlanden liegt, von wo aus die Waren zum Lager transportiert wurden. Da § 3 Abs. 6 UStG eine Versendung an den Abnehmer voraussetzt, muss dieser bereits im Zeitpunkt der Versendung feststehen. Der BFH entschied, dass hierfür ein bei Beginn der Versendung verbindlicher Kaufvertrag maßgebend ist.

Im Urteilsfall war der Abnehmer aber nach den Vereinbarungen zwischen den Parteien nicht verpflichtet, die in das Lager verbrachten Waren abzunehmen. Zudem war der Abnehmer erst nach Entnahme der Waren aus dem Lager zur Zahlung verpflichtet. Ein verbindlicher Kaufvertrag wurde also nach Auffassung des BFH erst nach der Einlagerung (genauer gesagt, erst mit Entnahme aus dem Lager) geschlossen. Der Lieferort sei deshalb in Deutschland und nicht im Sinne einer Direktlieferung in den Niederlanden gelegen.

Offenbar hat der BFH sich bei seiner Entscheidung auch davon leiten lassen, dass nicht der Abnehmer, sondern der Lieferer die Waren bis zur Entnahme aus dem Lager bilanzierte. Das wäre aber insofern verwunderlich, als die Bilanzierung grundsätzlich vom wirtschaftlichen Eigentümer vorgenommen wird. Sie ist kein Indiz für die umsatzsteuerliche Behandlung, auch wenn die Verschaffung der Verfügungsmacht und das wirtschaftliche Eigentum gewisse Parallelen aufweisen.

Insgesamt bleibt offen, wie verbindlich ein Kaufvertrag sein muss und welche konkreten Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Das deutsche Zivilrecht kann nicht maßgeblich sein. Schließlich sind grenzüberschreitende Vorgänge zu beurteilen, und dazu wäre das ggf. abweichende Zivilrecht des Abgangslandes zu berücksichtigen. Die Sachverhalte der beiden BFH-Urteile bieten auch nur Beispiele. Allgemeine Kriterien ergeben sich deshalb nur aus der Rechtsprechung zur Verschaffung der Verfügungsmacht.

3.    Verfügung der OFD Frankfurt/M.
Die OFD Frankfurt/M. hat am 23.02.2017 auch eine aktualisierte Fassung ihrer Verfügung zu Konsignationslagern veröffentlicht. Darin wurden gegenüber der letzten Fassung vom 15.12.2015 aber noch keine relevanten Änderungen vorgenommen. Es wurde lediglich erwähnt, dass der BFH eine erste Entscheidung (V R 31/15) getroffen hat und sich die Finanzverwaltung erst nach Veröffentlichung des zweiten Urteils (V R 1/16 – inzwischen am 05.04.2017 publiziert) grundsätzlich mit der Thematik befassen werde.

4.    Netto- oder Bruttoentgelt
Der BFH hatte als zweite Frage zu klären, ob die Umsatzsteuer aus den vereinbarten Kaufpreisen heraus- oder diesen hinzuzurechnen war. Die Parteien hatten irrtümlich angenommen, dass direkte innergemeinschaftliche Lieferungen vorlägen, und deshalb vereinbart, dass keine Umsatzsteuer zu zahlen sei.

Der BFH kam zum Ergebnis, dass die Umsatzsteuer herauszurechnen sei, auch wenn ausdrücklich eine Gegenleistung ohne Umsatzsteuer vereinbart worden war. Insoweit führt der BFH seine bisherige Rechtsprechung fort. Lediglich für den Fall, dass der Abnehmer die Umsatzsteuer im Nachhinein zusätzlich an den Lieferer entrichtet, ergibt sich für diesen Betrag eine Änderung der Bemessungsgrundlage. Die Umsatzsteuer aus dieser zusätzlichen Zahlung entsteht aber erst mit der Zahlung. Mögliche Nachzahlungszinsen fallen so um 19/119 geringer aus. Dies gilt natürlich nicht nur für Konsignationslagerfälle, sondern für alle Fälle, in denen Umsatzsteuer nachzuentrichten ist.

Ansprechpartner:

Ronny Langer
Dipl.-FW (FH), Steuerberater
Tel.: 089 / 217 50 12 - 50
ronny.langer@kmlz.de

Stand: 12.04.2017