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    EuGH zu den formalen Erfordernissen der Steuerbefreiung von Ausfuhrlieferungen
    Umsatzsteuer Newsletter 42/2025

    Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität führt im Mehrwertsteuerrecht immer wieder zu Diskussionen. Der Grundsatz besagt, dass die Mehrwertsteuer für den Unternehmer wirtschaftlich neutral bleiben muss und lediglich den Verbraucher belasten darf. Der EuGH hat sich bereits in der Vergangenheit vielfach mit der Frage beschäftigt, ob eine Belastung mit der Mehrwertsteuer erfolgen darf, wenn formelle Voraussetzungen zur Entlastung nicht erfüllt sind. Gerade die Entscheidungen zum Vorsteuerabzug ohne Rechnung sind hier relevant. In einer aktuellen Entscheidung (EuGH, Urt. v. 01.08.2025 – Rs. C 602/24 – W. sp. z o.o.) befasst sich der EuGH nun mit der Steuerbefreiung von Ausfuhrlieferungen, wenn nicht alle formalen Erfordernisse erfüllt sind.

     

    1 Sachverhalt und Vorlagefragen 

    Die Klägerin deklarierte in ihren Mehrwertsteuerjahreserklärungen 2017 und 2018 innergemeinschaftliche Lieferungen von Äpfeln. Die Äpfel sollten aus Polen durch in Belarus, Russland und Polen ansässige Beförderer nach Litauen transportiert werden. Der Erwerber sollte den Transport organisieren. Die Klägerin überprüfte die Durchführung der Transporte durch den Erwerber nicht. Der Erwerber erklärte korrespondierend innergemeinschaftliche Erwerbe. Die polnische Steuerverwaltung stellte indes anhand von Zolldokumenten fest, dass der Erwerber die Äpfel von Polen direkt nach Belarus ausgeführt hatte. Der Klägerin war dies nicht bekannt. Die polnische Steuerverwaltung erkannte die von der Klägerin erklärten innergemeinschaftlichen Lieferungen nicht an, da die Ware nicht in einen anderen Mitgliedstaat verbracht wurde. Stattdessen ging die Steuerverwaltung von inländischen Lieferungen aus, die sie dem Mehrwertsteuersatz von 5 % sowie einer Sanktion in Höhe von 30 % unterwarf.

    Die Klägerin erhob Klage beim Verwaltungsgericht erster Instanz. Zur Begründung führte sie an, dass die polnische Steuerverwaltung selbst festgestellt habe, dass die Ware ausgeführt wurde. Da die materiellen Voraussetzungen für die Steuerfreiheit vorlägen, müsse die Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferung anerkannt werden, auch wenn die Klägerin ursprünglich eine innergemeinschaftliche Lieferung erklärt hatte. Das Verwaltungsgericht gab der Klage statt.

    Das Oberste Verwaltungsgericht hob die Entscheidung in zweiter Instanz auf und verwies das Verfahren zur erneuten Entscheidung zurück. Das Verwaltungsgericht erster Instanz wandte sich nun an den EuGH mit der Frage, ob eine erklärte innergemeinschaftliche Lieferung als Ausfuhrlieferung anerkannt werden kann, wenn der Erwerber die Ware tatsächlich ausführt. Weiter fragt es, ob es einen Unterschied macht, dass der Erwerber die Entscheidung zur Ausfuhr ohne Beteiligung des Lieferers trifft. Und schließlich möchte es wissen, ob es einen Unterschied macht, dass die Transportdokumente nicht mit den Zolldokumenten, anhand derer die Ausfuhr nachvollzogen werden kann, übereinstimmen.

     

    2 Entscheidung des EuGH 

    Der EuGH wiederholte unter Verweis auf seine bisherige Rechtsprechung, dass Art. 146 Abs. 1 Buchst. a) MwStSystRL die Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen vorsieht, wenn

    • das Recht, wie ein Eigentümer über diesen Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übertragen worden ist,

    • der Lieferant nachweist, dass der Gegenstand an einen Ort außerhalb der Union versandt oder befördert worden ist,

    • und der Gegenstand aufgrund dieses Versands oder dieser Beförderung das Hoheitsgebiet der Union physisch verlassen hat.

    Die erste Voraussetzung war unstreitig erfüllt. Die zweite Voraussetzung sei erfüllt, da zur Kenntnis der polnischen Steuerverwaltung feststehe, dass die Äpfel nach außerhalb der Union verbracht wurden. Dass diese Kenntnis von der polnischen Steuerverwaltung aufgrund von Zolldokumenten – und nicht durch den Lieferer – erlangt wurde, sei unerheblich. Die dritte Voraussetzung sei ebenfalls erfüllt. Da die materiellen Voraussetzungen also erfüllt seien, erfordere der Grundsatz der steuerlichen Neutralität, dass die Mehrwertsteuerbefreiung gewährt wird, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formalen Anforderungen nicht genügt hat. Daher sei es unerheblich, dass der Lieferer eine innergemeinschaftliche Lieferung erklärt habe.

    Der EuGH wiederholte ebenfalls, dass die Nichteinhaltung formeller Anforderungen nur in zwei Fällen zum Verlust des Rechtes auf Mehrwertsteuerbefreiung führen kann, die vorliegend nicht gegeben waren:

    • der Verstoß verhindert den sicheren Nachweis über das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen, oder

    • der Steuerpflichtige hat sich vorsätzlich an einer das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems gefährdenden Steuerhinterziehung beteiligt.

     

    3 Einordnung 

    Der EuGH stärkt mit seiner Entscheidung das materielle Mehrwertsteuerrecht. Er stellt den Grundsatz der mehrwertsteuerlichen Neutralität über mit der Mehrwertsteuer verbundene formale Erfordernisse. Auch eine falsche Erklärung oder fehlerhafte Transportdokumente hindern die Steuerbefreiung nicht, wenn die materiellen Voraussetzungen anderweitig nachgewiesen werden können. Für Unternehmer ist dies vor allem relevant, wenn im Zusammenhang mit Ausfuhren die Ausgangsvermerke (AGV) nicht auffindbar sind. 

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