Warensendungen aus Drittländern, deren Wert EUR 150 nicht übersteigt, sind derzeit von Einfuhrzöllen befreit. Die EU Finanzminister haben in der letzten ECOFIN-Sitzung beschlossen, diese Regelung im Jahr 2026 abzuschaffen. Damit kommt die Abschaffung der Freigrenze deutlich früher als ursprünglich geplant. Bereits 2023 gab es einen Vorschlag der Europäischen Kommission zur Zollreform (KMLZ Zoll Newsletter 03│2023), der das Ende der Freigrenze vorsah. Die EU Zollrechtsreform kommt jedoch frühestens 2028. In der Übergangszeit ist ab dem 01.07.2026 ein Pauschalzollsatz von EUR 3 zu zahlen. Die Regelung hat vor allem im E-Commerce und für Onlinehändler Bedeutung.
1 EUR 150-Zollfreigrenze
Die Freigrenze hat ihre rechtliche Grundlage in der VO (EG) Nr. 1186/2009 (Zollbefreiungsverordnung). Art. 23 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1186/2009 bestimmt, dass Waren mit geringem Wert grundsätzlich von Einfuhrzöllen befreit sind. Art. 23 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1186/2009 setzt diesen Wert auf bis zu EUR 150 fest. Die Einfuhrumsatzsteuer ist dennoch zu entrichten. Die Regelung zur Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer für Einfuhren mit geringem Wert (EUR 22) wurde bereits zum 30.06.2021 abgeschafft. Der Grund für die Zollbefreiung liegt darin, dass die EU die Abgabenerhebung bei bestimmten Sendungen für nicht gerechtfertigt hielt. Die üblichen Maßnahmen zum Schutz der Wirtschaft seien für solche Sendungen nicht erforderlich (Erwägungsgrund 3 der VO (EG) Nr. 1186/2009). Im Jahr 2009 dürften der EU verschiedene Beispiele für die Rechtfertigung der Freigrenze vorgeschwebt haben. Ein Bedürfnis nach Schutzmechanismen für den Markt besteht bspw. nicht bei Sendungen zwischen Familienangehörigen. Die Ausnahme war auch für Einzelsendungen nachvollziehbar, die Verbraucher nur aus Drittländern beziehen können, wie bspw. bei nur in den USA erhältlicher Technik für den Privatgebrauch.
2 Hintergründe der Änderung
Seit 2009 hat sich die globale Handelslandschaft vielfältig verändert. Insbesondere chinesische Versandhändler sorgen mit ihren Handelspraktiken für neuen Regelungsbedarf. Diese Händler bieten Einzelgegenstände zum Versand aus Drittländern (meist China) in die EU an. Somit entfallen der klassische Weg der Einfuhr in größeren Mengen und der Weiterverkauf durch den Einzelhändler, der die Zollabgaben einpreist. Dadurch verliert der Verzicht auf Schutzmaßnahmen für den EU Markt seine Berechtigung. Auf Seiten der EU besteht zudem der Verdacht, dass chinesische Händler die Freigrenze gezielt durch falsche Angaben in Zollanmeldungen ausnutzen. Die EU beabsichtigt nun, den Wettbewerb zwischen Waren aus Drittländern und Waren auf dem EU-Markt fairer zu gestalten. Durch den Wegfall der Freigrenze soll ein „level playing field“ geschaffen werden.
Für 2028 ist die endgültige Abschaffung der Freigrenze vorgesehen. Die Finanzminister der EU-Staaten haben sich darauf geeinigt, „so früh wie möglich“ im Jahr 2026 eine Übergangslösung zu finden. Das Ende der Freigrenze ist an die Einführung des neuen EU Customs Data Hub geknüpft. Am 12.12.2025 hat die Kommission bekanntgegeben, dass als Übergangslösung ein Pauschalzollsatz in Höhe von EUR 3 festgesetzt wird. Der Pauschalzollsatz gilt ab dem 01.07.2027 und betrifft Sendungen, die aus dem Drittland direkt an einen Verbraucher in der EU verschickt werden. Im Sommer hatte die EU außerdem den Vorschlag einer Bearbeitungsgebühr für Sendungen unterhalb eines Wertes von EUR 150 eingebracht. Diese Gebühr soll zusätzlich zum Drittlandszollsatz erhoben werden. Die Kommission geht derzeit davon aus, die Bearbeitungsgebühr zum 01.11.2026 einführen zu können. Weitere Details zur Ausgestaltung sind derzeit nicht bekannt.
3 Bedeutung für die Praxis
Der Wegfall der Freigrenze hat erhebliche Auswirkungen auf die E-Commerce-Branche. Auch für Sendungen unterhalb der Freigrenze von EUR 150 fallen künftig Einfuhrzölle an. Zollschuldner wird vorrangig der Anmelder, Art. 77, Abs. 3 UZK. Der Anmelder muss grundsätzlich im Zollgebiet der Union ansässig sein, Art. 170 Abs. 2 UZK. Die Regelung dient dazu, der jeweiligen nationalen Zollverwaltung eine bestmögliche Zugriffsmöglichkeit zu geben. Daher kommen chinesische Onlinehändler auch nach der Reform nur theoretisch als Zollschuldner in Betracht. Von größerer Relevanz ist die Änderung daher für die in der Union ansässigen Beteiligten, die in der Zollanmeldung als Anmelder auftreten. Spediteure oder Zolldienstleister können hier vorrangig als Zollschuldner in Frage kommen. Für sie besteht das Risiko vor allem dann, wenn sie in indirekter Stellvertretung für den Versender im Drittland tätig sind. Zollanmeldungen in indirekter Stellvertretung gibt der Stellvertreter in eigenem Namen ab, Art. 18 Abs. 1 UAbs. 2 UZK. Er wird daher unmittelbar Zollschuldner gem. Art. 77 Abs. 2 UZK. Zwar schuldet der indirekt Vertretene ebenfalls die Zollgebühren gem. Art. 77 Abs. 3 S. 2 UZK. Da er aber außerhalb der Union ansässig ist, wird ein Regress – wenn überhaupt – nur vertraglich möglich sein.
Insgesamt erscheint der Wegfall der Freigrenze dazu geeignet, Missbrauch vorzubeugen. Er geht allerdings mit dem Risiko der Abgabenbelastung für Beteiligte in der Union einher. Voraussichtlich wird der Internet-Handel mit Drittländern teurer werden und dort abnehmen, wo er aufgrund der Zollabgaben nicht mehr profitabel ist. Mit der Abschaffung sind auch Auswirkungen auf die Nutzung des IOSS-Verfahrens zu erwarten. Hier hat die EU bereits Mitte 2025 Reformen angekündigt, die den Wegfall der EUR 150-Zollfreigrenze begleiten sollen. Unter anderem soll der Empfänger einer Sendung nur noch in Ausnahmefällen als Schuldner der Einfuhrabgaben infragekommen (siehe KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 17 | 2025 und KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 18│2025).
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