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    BFH zur Umsatzsteuerbefreiung von Privatkliniken: Licht und Schatten
    Umsatzsteuer Newsletter 47/2025

    1 Hintergrund

    Bei einer Privatklinik übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten für Krankenhausbehandlungen nicht (mangels Zulassung nach § 108 SGB V). Bei der Umsatzsteuerbefreiung solcher Privatkliniken ist zwischen drei Zeiträumen zu unterscheiden. Bis zum 31.12.2008 musste die Privatklinik die Voraussetzungen eines Krankenhaus-Zweckbetriebs nach § 67 Abs. 1 oder Abs. 2 AO erfüllen. Seit dem 01.01.2009 konnten Privatkliniken nach dem Wortlaut des deutschen Gesetzes keine steuerfreien Leistungen erbringen. Sie konnten sich aber für die Steuerbefreiung unmittelbar auf das Unionsrecht berufen. Für Leistungen ab dem 01.01.2021 hat der Gesetzgeber § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG an die unionsrechtliche Vorgabe angepasst. Die Steuerbefreiung von Privatkliniken hängt seitdem im Wesentlichen von der Einhaltung einer 40 %igen Sozialquote ab. 

     

    2 Sachverhalt (BFH, Urt. v. 08.07.2025 – XI R 36/23)

    Der hier strittige Sachverhalt fällt in den Zeitraum zwischen 2009 und 2021. Die Klägerin betreibt eine Privatklinik. In den Räumen der Klinik führten Belegärzte und Anästhesisten Operationen durch. Sie hatten jeweils einen eigenen Vertrag mit den Patienten. Die Klägerin schloss mit den Belegärzten und Anästhesisten ebenfalls einen Vertrag ab. Danach durften diese die Räume in der Klinik, Sachmittel und Pflege- sowie Assistenzpersonal zur Operation ihrer Patienten nutzen. Hierfür erhielt die Klägerin 25 % der von den Belegärzten und Anästhesisten nach GoÄ abgerechneten Honorare. 

    Bei einer stationären Behandlung schloss die Klägerin mit den Patienten ebenfalls einen Vertrag ab. Sie erbrachte alle Leistungen außer den Operationen (Unterbringung, Krankenpflege usw.). Hierfür rechnete sie auf Basis der DRG-Fallpauschalen mit einem Basisfallwert von bis zu EUR 4.998 ab. Der Landesbasisfallwert betrug im Streitjahr EUR 3.188. Die Klinik verfügt neben Operationssälen usw. über Patientenzimmer (Ein- und Zweibettzimmer sowie Suiten) mit Schreibtisch, Safe, Kühlschrank, Klimaanlage sowie Multimediasystem mit Internet, Telefon und TV. Die Patienten mussten die Leistungen der Klägerin selbst bezahlen und erhielten nach ihren persönlichen Verhältnissen Kostenerstattungen von der Beihilfe und / oder ihrer privaten Krankenversicherung.

     

    3 Entscheidung des BFH

    Nach Auffassung des BFH sind die Leistungen der Klägerin nicht steuerfrei nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL. So seien die Bedingungen, unter denen die Klägerin ihre Leistungen erbringt, in sozialer Hinsicht nicht mit den Bedingungen öffentlich-rechtlicher Krankenhäuser vergleichbar. Gemäß der bisherigen BFH-Rechtsprechung sind für die soziale Vergleichbarkeit die Leistungsfähigkeit und die Wirtschaftlichkeit der Krankenhausbehandlung entscheidend. Der BFH sieht sich insoweit durch den EuGH bestätigt. Allerdings können laut BFH weitere, vom EuGH benannte Kriterien berücksichtigt werden. Zunächst einmal ist bei der Klägerin die Leistungsfähigkeit gegeben. Diese setzt eine personelle, räumliche und medizinisch-technische Ausstattung voraus, die eine Krankenhausbehandlung ermöglicht. Eine derartige Ausstattung kann als vorhanden gelten, da diese Ausstattungsmerkmale Gegenstand der gewerberechtlichen Zulassung waren.

    Abgelehnt hat der BFH aber die Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung. Wenn die Klinik als wirtschaftlich gelten will, darf sie das Maß des medizinisch Notwendigen nicht überschreiten. Ob die Kosten im Verhältnis zur Leistung angemessen sind, sei irrelevant. Im konkreten Fall wesentlich waren für den BFH ein erhöhter Pflegeschlüssel, der gebotene Chefarztstandard und eine sächlich erheblich bessere Ausstattung, als sie der Versorgungsauftrag erfordert hätte. Die gegenüber den Patienten abgerechneten Preise dürfen zwar höher liegen als bei einem vergleichbaren Universitätsklinikum. Es ist aber nicht jedwede Kostenüberschreitung zulässig. Dies sei auch durch einen fehlenden Investitionskostenzuschuss nicht zu rechtfertigen. Schließlich sei zu berücksichtigen, ob Einrichtungen der sozialen Sicherheit die Kosten der Privatklinik zu einem großen Teil übernehmen. Dabei lässt der BFH unter Verweis auf seine gegenteilige Rechtsprechung ausdrücklich offen, ob er die Beihilfe als eine derartige Einrichtung ansieht. 

     

    4 Praxisfolgen

    Der BFH hat im Jahr 2019 die Kriterien der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit zur Prüfung der sozialen Vergleichbarkeit benannt, diese Kriterien aber damals nicht näher beschrieben. Das aktuelle Urteil kann nunmehr als Richtschnur dienen, auch wenn damit sicher noch nicht alle Fragen beantwortet sind. Bei einer Reihe von Tatbestandsmerkmalen – und dies ist der „Schatten“ bei der Entscheidung – wäre im Hinblick auf eine gute Krankenversorgung in Privatkliniken eine großzügigere Auslegung erfreulich gewesen. 

    Trotzdem gibt es auch einige Lichtblicke. So erkennt der BFH an, dass Privatkliniken steuerfreie Leistungen erbringen können, auch wenn sie höhere Entgelte als öffentlich-rechtliche Kliniken abrechnen. Dabei kann anscheinend (in gewissen Grenzen) ein fehlender Investitionskostenzuschuss berücksichtigt werden. Durch den expliziten Verweis auf seine entgegenstehende Rechtsprechung lässt der BFH seine Zweifel an der Auffassung des Finanzgerichts erkennen, dass Beihilfestellen keine Einrichtungen der sozialen Sicherheit seien. Trotz der im Einzelfall negativ ausgefallenen Entscheidung des BFH können daher andere Privatkliniken sicher weiterhin zu Recht die Steuerbefreiung geltend machen. 

    Das BMF erachtete eine 40-%-Sozialquote für die Jahre 2009 bis 2020 als erforderlich, um die soziale Vergleichbarkeit anzunehmen. Der Gesetzgeber hatte diese Quote erst ab 01.01.2021 in das Gesetz aufgenommen. Der BFH wendet sie bis Ende 2020 nicht an. Daraus ergeben sich für Veranlagungszeiträume ab 01.01.2021 vielschichtige neue Probleme.

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