Umsatzsteuer Newsletter 12/2024
Jahressteuergesetz 2024 (Referentenentwurf): Überblick | Inkrafttreten | Ausblick
Das BMF hat den Referentenentwurf für ein Jahressteuergesetz 2024 veröffentlicht. Im Bereich der Umsatzsteuer sind umfangreiche Änderungen vorgesehen. Während der nächsten Tage wollen wir in einer kleinen Serie einzelne Themenbereich aufgreifen und beleuchten. In diesem Newsletter geben wir Ihnen zunächst einen allgemeinen Überblick über die vorgesehenen Änderungen.
1 Referentenentwurf JStG 2024
Der Gesetzgeber lässt sich vom Disput um das JStG 2023 nicht irritieren. Obwohl das JStG 2023 nach langen Diskussionen erst kürzlich verkündet wurde, liegt bereits der Referentenentwurf zum JStG 2024 vor. In der 240 Seiten starken Gesetzesbegründung werden notwendige Anpassungen an EU-Recht, EuGH-Rechtsprechung sowie BFH-Rechtsprechung vorgestellt. Auch die Zuständigkeit von Finanzbehörden ändert sich punktuell. Im Referentenentwurf finden sich auch in diesem Jahr umfassende Änderungen im Bereich der Umsatzsteuer.
 
2 Umsatzsteuerrechtliche Änderungen im JStG 2024
Die geplanten Änderungen können in die unten aufgelisteten Themenblöcke eingeordnet werden. Die folgenden Änderungsvorschläge werden wir in einer Serie von Newslettern, die in den nächsten Tagen erscheinen werden, separat beleuchten:
  • Verlängerung Übergangsfrist für Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 2b UStG)
  • Besteuerungsort von virtuellen Veranstaltungen/Tätigkeiten (§ 3a Abs. 3 UStG)
  • Steuerbefreiung für Leistungen von Konsortialführern (§ 4 Nummer 8 Buchstabe a und g UStG)
  • Steuerbefreiung für private Bildungsleistungen (§ 4 Nr. 21 UStG) 
  • Steuerbefreiung für sportliche Veranstaltungen (§ 4 Nr. 22 UStG)
  • Betriebshelfer in der Landwirtschaft (§ 4 Nummer 27 Buchstabe b UStG)
  • Besteuerung der Kleinunternehmer (§ 19 UStG)
  • Änderungen im Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG)
Im Referentenentwurf finden sich zudem „kleinere“ Anpassungen des UStG an aktuelle Entwicklungen der Rechtsprechung, über die wir teilweise auch bereits berichtet hatten:
  • Neudefinition von Werklieferungen (§ 3 Abs. 4 UStG): Nach aktuellem Wortlaut des UStG liegt eine Werklieferung vor, wenn der Leistende „einen Gegenstand“ be- oder verarbeitet (§ 3 Abs. 4 Satz 1 UStG). Die Klarstellung, dass es sich für den leistenden Unternehmer dabei nicht um einen „eigenen“, sondern um einen „fremden“ Gegenstand handeln muss, hat der BFH bereits mit Urteil V R 37/10 vom 22.08.2013 vorgenommen. Auch wenn deutlich später, hat auch das BMF mit Schreiben vom 01.10.2020 die Unklarheit im Wortlaut beseitigt (KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 50 | 2020). Eine Werklieferung liegt nun auch laut Wortlaut des UStG nur dann vor, wenn ein „fremder“ Gegenstand be- oder verarbeitet wird. Ansonsten handelt es sich bei dem Umsatz um eine Montagelieferung. Die korrekte Zuordnung des Umsatzes ist insbesondere für die Frage nach dem Steuerschuldner von Bedeutung. Denn bei einer Montagelieferung durch einen ausländischen Unternehmer findet kein Steuerschuldübergang nach § 13b Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5, Abs. 7 UStG auf den Leistungsempfänger statt. Der Leistende muss in diesem Fall seine im Inland erbrachte Leistung mit Umsatzsteuer abrechnen. 
  • Abschaffung der Regelung zum Umsatzsteuerlager (§ 4 Nr. 4a UStG): Die Steuerbefreiung für Lieferungen in Zusammenhang mit der Einlagerung sowie für Lieferungen in einem Umsatzsteuerlager wird aufgehoben.
  • Unberechtigter Steuerausweis bei Gutschriften (§ 14c Abs. 2 UStG): Der Anwendungsbereich des § 14c Abs. 2 UStG wird auf Fälle von Gutschriften erweitert. Diese Gesetzesänderung findet als Reaktion auf das BFH-Urteil V R 23/19 vom 27.11.2019 (KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 06 | 2020) statt. Nach aktuellem Wortlaut im UStG wird bei Gutschriften keine Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG ausgelöst, wenn der Gutschriftempfänger kein Unternehmer ist.
  • Änderungen beim Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 UStG):  Zukünftig wird zwischen verschiedenen Zeitpunkten eines Vorsteuerabzuges unterschieden, je nachdem ob sich dieser aus der Rechnung (i) eines Soll-Versteuerers, (ii) eines Ist-Versteuerers oder (iii) aus einer Anzahlungsrechnung ergibt.
  • Vorsteueraufteilung (§ 15 Abs. 4 UStG): Mit einer Neuformulierung wird klargestellt, dass im Fall einer Vorsteueraufteilung eine Berechnung der nicht abzugsfähigen Vorsteuern nach dem Gesamtumsatzschlüssel nur dann zulässig ist, wenn es sich bei diesem Schlüssel um den einzigen möglichen Aufteilungsmaßstab handelt (KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 42 | 2022 und 08 | 2024). Der Gesamtumsatzschlüssel zudem ist nachrangig zu anderen, präziseren und sachgerechten Aufteilungsmethoden anzuwenden.
  • Besteuerung in Land- und Forstwirtschaft (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 3 UStG): Die geschuldete Steuer und die Vorsteuerpauschale für Landwirte für bestimmte Umsätze werden auf 8,4 Prozent angepasst. 
  • Nordirland als EU-Gebiet (§ 30 UStG): Für Leistungen nach dem 31.12.2020 wird das Gebiet Nordirland wie übriges Gemeinschaftsgebiet behandelt. Eine USt-ID-Nr. mit dem Präfix „XI“ stellt eine gültige ausländische USt-ID-Nr. dar.
3 Inkrafttreten und Ausblick
Das Inkrafttreten der Änderungen wurde für einen großen Teil der Vorschriften noch nicht terminiert. Die Neuregelung zur Besteuerung von Kleinunternehmern soll ab 01.01.2025 gelten. Die Aufhebung der Steuerbefreiung für Umsätze in einem Umsatzsteuerlager sowie weitere Anpassungen der UStDV sind hingegen erst für den 01.01.2026 vorgesehen.
 
Das Gesetzgebungsverfahren hat erst begonnen. An der Ausformulierung wird sicherlich noch weiter gefeilt werden. Der aktuelle Stand entspricht daher sehr wahrscheinlich noch nicht der finalen Fassung. Gleichwohl stammen viele Vorgaben aus dem EU-Recht / EU-Rechtsprechung. Ein Großteil der Regelungen dürfte deshalb zumindest sinngemäß der Endfassung nahekommen. Die betroffenen Unternehmen können daher schon die praktische Umsetzung vorbereiten. 
 

Ansprechpartner:

Dr. Atanas Mateev
Dipl.-Wirtschaftsjurist (Univ.), Steuerberater
Tel.: +49 89 217501253
atanas.mateev@kmlz.de

Stand: 09.04.2024