Umsatzsteuer Newsletter 14/2024
JStG 2024-E: Ort von virtuellen Veranstaltungen / Tätigkeiten (§ 3a Abs. 3 UStG)
Gemäß dem Referentenentwurf des JStG 2024 sollen Veranstaltungsleistungen nicht mehr am Veranstaltungsort zu besteuern sein, wenn die Teilnahme nur virtuell erfolgt. Im Fall einer virtuellen Teilnahme soll sich der Ort der Leistung nach dem Sitz (B2B-Fall) bzw. dem Ansässigkeits-, Wohn- oder gewöhnlichen Aufenthaltsort (B2C-Fall) des Teilnehmers richten. Darauf müssen sich Veranstalter einrichten und die notwendigen Informationen bei den Teilnehmern erfragen.
1 Hintergrund
Das UStG enthält besondere Ortsvorschriften für Veranstaltungsleistungen auf dem Gebiet der Kultur, der Künste, des Sports, der Wissenschaft, des Unterrichts, der Unterhaltung oder ähnliche Leistungen (z. B. im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen) sowie damit im Zusammenhang stehende Tätigkeiten (im Folgenden: Veranstaltungen / Tätigkeiten). Der Leistungsort für Veranstaltungen / Tätigkeiten befindet sich im B2C-Bereich gemäß § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a UStG und im B2B-Bereich gemäß § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG jeweils am Veranstaltungsort.
 
Mit Wirkung zum 01.01.2025 hat der Unionsgesetzgeber die Regelungen in Art. 53, 54 MwStSystRL zum Leistungsort für Veranstaltungen / Tätigkeiten im Hinblick auf eine virtuelle Teilnahme ergänzt. Der nationale Gesetzgeber passt die Regelungen in § 3a Abs. 3 UStG nunmehr entsprechend an. Die Änderungen sollen am 01.01.2025 in Kraft treten.
 
2 Anpassungen in § 3a Abs. 3 UStG
Der Referentenentwurf enthält Anpassungen in § 3a Abs. 3 UStG. Die bisherige Regelung des § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a (Veranstaltungen / Tätigkeiten im B2C-Bereich) wird ohne inhaltliche Änderung in die neue Nr. 3 überführt und um folgenden Satz ergänzt: „Werden die Leistungen per Streaming übertragen oder auf andere Weise virtuell verfügbar gemacht, gilt abweichend von Satz 1 als Ort der sonstigen Leistung der Ort, an dem der Empfänger ansässig ist oder seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort hat.“ 
 
Die bisherige Regelung des § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG (Veranstaltungen / Tätigkeiten im B2B-Bereich) wird um folgenden Satz ergänzt: „Dies gilt nicht im Falle einer virtuellen Teilnahme.“
 
3 Virtuelle Veranstaltungen / Tätigkeiten im B2B-Bereich
Die neue Ortsvorschrift in § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG für Veranstaltungen / Tätigkeiten im B2B-Bereich stellt klar, dass die Besteuerung dann nicht am Veranstaltungsort erfolgt, wenn der unternehmerische Leistungsempfänger an der Veranstaltung nur virtuell teilnimmt. Dadurch wird die Besteuerung im Mitgliedstaat des Verbrauchs sichergestellt. Denn wenn der unternehmerische Leistungsempfänger nur virtuell teilnimmt, erfolgt der Verbrauch der Leistung am Sitz des Leistungsempfängers. Entsprechend bestimmt sich der Leistungsort nach der allgemeinen Ortsvorschrift in § 3a Abs. 2 UStG für Dienstleistungen im B2B-Bereich.
 
4 Virtuelle Veranstaltungen / Tätigkeiten im B2C-Bereich
Weitaus interessanter ist die neue Ortsvorschrift in § 3a Abs. 3 Nr. 3 UStG für Veranstaltungen / Tätigkeiten im B2C-Bereich. Auch hiernach erfolgt bei einer virtuellen Teilnahme die Besteuerung nicht am Veranstaltungsort, sondern am Ansässigkeits-, Wohn- oder gewöhnlichen Aufenthaltsort des Verbrauchers. Der Wortlaut entspricht dem der Ortsvorschrift in § 3a Abs. 5 Satz 1 UStG für auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen iSd. § 3a Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 UStG. Insofern gilt für Veranstaltungen / Tätigkeiten im B2C-Bereich und für auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen der gleiche Leistungsort.
 
Entscheidend ist jedoch, dass nur im Fall einer auf elektronischem Weg erbrachten Dienstleistung die Vermutungsregelungen in Art. 24a–24c MwStVO sowie die Beweismittel zur Bestimmung des Ortes in Art. 24e–24f MwStVO zur Anwendung kommen. Insofern ist eine genaue Abgrenzung zwischen einer virtuellen Teilnahme an einer Veranstaltung und einer auf elektronischem Weg erbrachten Dienstleistung notwendig. Im Grundsatz stellt die virtuelle Teilnahme an einer Veranstaltung keine auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistung dar. Denn zum einen ist die bloße elektronische Kommunikation für sich genommen noch nicht ausreichend. Zum anderen dürfte regelmäßig eine Interaktionsmöglichkeit des Teilnehmers vorliegen, welche einer auf elektronischem Weg erbrachten Dienstleistung entgegensteht. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Veranstalter dem Teilnehmer eine Aufzeichnung der Veranstaltung als Download zur Verfügung stellt. In diesem Fall fehlt es an einer menschlichen Beteiligung des Leistenden, so dass eine auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistung vorliegt (vgl. KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 55 | 2022).
 
5 Praxisfolgen
Der nationale Gesetzgeber setzt die Änderungen in Art. 53, 54 MwStSystRL zutreffend um. Insofern besteht nunmehr Klarheit über den Leistungsort bei einer virtuellen Teilnahme an einer Veranstaltung. Der Veranstalter muss die notwendigen Informationen von seinen Kunden erheben, um den Leistungsort zutreffend bestimmen zu können. Dies dürfte ihm vor allem im B2C-Fall schwerfallen. Denn erfahrungsgemäß stellt die Bestimmung des Ansässigkeits-, Wohn- oder gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Verbrauchers eine große Herausforderung dar. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich der Veranstalter weder auf die Vermutungsregelungen in Art. 24a–24c MwStVO noch auf die Beweismittel in Art. 24e–24f MwStVO unmittelbar berufen kann. Hier sind Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung vorprogrammiert. Zudem werden sich Abgrenzungsfragen ergeben, ob die virtuelle Teilnahme an der Veranstaltung ggf. eine auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistung darstellt. Dies hängt – wie so oft im Umsatzsteuerrecht – vom jeweiligen Einzelfall ab.
 
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Stand: 11.04.2024