Umsatzsteuer Newsletter 13/2024
JStG 2024-E: Gute und schlechte Nachrichten für juristische Personen des öffentlichen Rechts und gemeinnützige Einrichtungen
Die Nichtanwendungsfrist für die Neuregelung der Unternehmereigenschaft der öffentlichen Hand wird zum dritten Mal um weitere zwei Jahre verlängert. Dadurch ergibt sich ein komfortabler Übergangszeitraum von elf Jahren für Körperschaften des öffentlichen Rechts. Erfreulich ist zudem, dass im geplanten Jahressteuergesetz 2024 die Steuerbefreiung von Bildungsleistungen komplett neu geregelt wird und auch der Sport bei den Steuerbefreiungen eine Aufwertung erfährt.
1 Überblick
Mir ist keine Norm im Steuerrecht bekannt, die einen Übergangszeitraum von elf (!) Jahren hatte. Im Referentenentwurf zum JStG 2024 ist dies nun aber geplant. Die Nichtanwendungsfrist für die Neuregelung der Besteuerung der öffentlichen Hand in § 2b UStG soll nochmals um zwei Jahre verlängert werden. Interessant für Körperschaften des öffentlichen Rechts und gemeinnützige Einrichtungen sind auch die geplanten Neuregelungen für Bildungsleistungen und den Sport. 
 
2 Verlängerung des Anwendungszeitpunkts des § 2b UStG um weitere zwei Jahre
Mit Wirkung ab 01.01.2016 wurde der alte Unternehmerbegriff für juristische Personen des öffentlichen Rechts neu gefasst. Man wollte nicht mehr an den körperschaftsteuerlichen Begriff des „Betriebs gewerblicher Art“ anknüpfen. Der Gesetzgeber hielt bereits damals eine Übergangsregelung von fünf Jahren für geboten, da erhebliche Probleme für die öffentliche Hand bei der Umstellung befürchtet wurden. Letzteres hat sich bewahrheitet, wenngleich zur Wahrheit auch gehört, dass die meisten Körperschaften des öffentlichen Rechts, vor allem der Bund und die Länder, erst kurz vor Ablauf der Übergangsfrist mit der Umsetzung begonnen haben. Die Covid-Pandemie kam daher sehr gelegen, um sie als Grund für eine Ausdehnung der Übergangsfrist um weitere zwei Jahre vorzuschieben. Nach Ablauf dieser zwei Jahre musste schließlich der Ukraine-Krieg für eine Ausdehnung um noch einmal zwei Jahre bis zum 01.01.2025 herhalten. Die erheblichen Umstellungsprobleme sind von vielen Betroffenen aber offenbar noch immer nicht gelöst. Der Gesetzgeber will nun im JStG 2024 eine weitere Ausdehnung – dann auf elf Jahre (!) – auf den Weg bringen. Die lapidare Begründung: „Es bestehen weitere, grundlegende Rechtsanwendungsfragen fort, welche bei den Verantwortlichen zu großer Verunsicherung führen.“ Dabei zeigt die Praxis immer wieder: Die Rechtsfragen lassen sich lösen (wenn auch manchmal mit ungewollten Ergebnissen). Als problematisch erweist sich eher die praktische Umsetzung. Die anschließende Erläuterung, dass eine „wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs durch die erneute Verlängerung der Übergangsregelung unter Zugrundelegung der Erfahrungen der letzten zwei Jahre auch weiterhin nicht zu befürchten“ sei, mutet in diesem Zusammenhang ähnlich seltsam an: Denn Anlass der Neuregelung in § 2b UStG war ja stets das Ziel, die Privatwirtschaft effektiver vor Wettbewerbsverzerrungen durch wirtschaftliche Tätigkeiten der öffentlichen Hand zu schützen. Ganz verstanden hatte ich das nie, denn auch der Begriff des „Betriebs gewerblicher Art“ wird an dem Wettbewerbskriterium festgemacht. Wie dem auch sei: Manch einen Verantwortlichen wird es freuen, wenn er nun weitere zwei Jahre gewinnt. Doch wäre es wirklich klug, mit der Umstellung zu warten? Die Antwort ist nicht so einfach. Die Verlängerung hat Vor- und Nachteile:
 
Vorteile:
  • Sog. Beistandsleistungen und langfristige Vermögensverwaltung bleiben nicht steuerbar
  • Nichtaufgriffsgrenze von 45 TEUR bleibt bestehen
  • Körperschaftsteuerliche Übergangsregelung zur Begünstigung von sog. Verpachtungs-BgA, die dauerdefizitär sind, gilt (wahrscheinlich) weiter
  • Personalüberlassungen in sog. Outsourcing-Fällen sind (wahrscheinlich) weiterhin nicht steuerpflichtig
Nachteile:
  • Maximaler Frust bei den Mitarbeitern, die sich dann zum vierten Mal an die Einnahmenanalyse setzen
  • Verlust von Vorsteuerpotential
  • Verbindliche Auskünfte und im Hinblick auf die geplante Umstellung schon geltend gemachte Vorsteuerabzüge müssen ggf. überprüft werden
  • Nochmalige Anpassung von Verträgen
  • Verzögerung bei den laufenden Tax-Compliance-Projekten
3 Neuregelung der Bildungsleistungen in § 4 Nr. 21 UStG
Der Gesetzgeber startet einen weiteren Versuch, die Steuerfreiheit der Bildungsleistungen neu zu regeln. Ziel ist die vollständige Umsetzung des Unionsrechts in nationales Recht. Dabei soll die jüngste Rechtsprechung von EuGH und BFH berücksichtigt werden. Eine Neuerung ist, dass das Bescheinigungsverfahren abgeschafft wird. Begünstigt sind zukünftig der Schul- und Hochschulunterricht, die Aus- und Fortbildung sowie die berufliche Umschulung und damit eng verbundene Leistungen. Um in den Genuss der Steuerbefreiung zu kommen, muss es sich um eine Einrichtung des öffentlichen Rechts handeln, die mit solchen Aufgaben betraut ist, oder um eine andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung. Unter den Einrichtungsbegriff können auch natürliche Personen, Personenzusammenschlüsse und Gesellschaften mit Gewinnerzielungsabsicht fallen. Sofern es sich um Fortbildungen durch andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen handelt, gilt die Steuerbefreiung nur, wenn die jeweiligen Einrichtungen keine systematische Gewinnerzielung anstreben. In Bezug auf die Frage, was im Einzelnen alles unter eine Bildungsleistung subsumiert werden kann, knüpft der Gesetzgeber an die neuere Rechtsprechung von EuGH und BFH an. Nicht steuerbefreit bleiben sog. Freizeitveranstaltungen. Für Körperschaften des öffentlichen Rechts und gemeinnützige Einrichtungen ist die Neufassung zu begrüßen. Damit wird Ruhe in den Weiterbildungssektor einkehren. Auch werden bestimmte Arten von Kooperationen in Zukunft begünstigt sein.
 
4 Steuerbefreiung für den Sport gem. § 4 Nr. 22 UStG
Steuerfrei sind zukünftig (alle) in engem Zusammenhang mit Sport oder Körperertüchtigung stehenden sonstigen Leistungen von Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben. Von der Besteuerung ausgenommen waren bisher nur solche sportlichen Veranstaltungen, deren Einnahmen in Teilnehmergebühren bestanden. Profitieren werden von der Ausdehnung der Steuerbefreiung alle Dachverbände, die für Sportvereine im Bereich des Marketings und der Gewinnung von Sponsoren tätig sind. Schließlich werden sich alle Vereine freuen, wenn sie Sportanlagen überlassen, die in engem Zusammenhang mit Sport oder Körperertüchtigung stehen. Die Kehrseite ist selbstverständlich, dass der Vorsteuerabzug aus der Errichtung der Sportanlagen ausgeschlossen sein wird. 
 
Ansprechpartner:
 
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht,
Steuerberater, Wirtschaftsprüfer
Tel.: +49 89 217501230
 
Stand: 10.04.2024