Umsatzsteuer Newsletter 21/2016
Sale-and-lease-back – Mitwirkung an bilanzieller Gestaltung kann steuerpflichtige Leistung sein
Mit Urteil vom 06.04.2016 – V R 12/15 hat der BFH zu einer besonderen Fallgestaltung des Sale-and-lease-back entschieden. Der Leasingnehmer hatte ein immaterielles Wirtschaftsgut entwickelt, das er nicht bilanzieren konnte. Das Sale-and-lease-back-Geschäft ermöglichte es ihm, für die Herstellungskosten einen Aktivposten in der Bilanz anzusetzen. In der Mitwirkung an dieser bilanziellen Gestaltung sah der BFH eine steuerpflichtige sonstige Leistung des Leasinggebers und verneinte eine steuerfreie Kreditgewährung des Leasinggebers.

1. Sachverhalt
Die Klägerin (im Folgenden: Kl.) ist eine GbR. Ihr ausschließlicher Unternehmenszweck war es, elektronische Informationssysteme vom Unternehmen X zu erwerben und im Rahmen eines Sale-and-lease-back sofort wieder an X zu verleasen. Am 27.12.2006 schlossen die Kl. und X über ein von X selbst geschaffenes Informationssystem einen Kauf- und Darlehensvertrag sowie einen Leasingvertrag und trafen eine Rückkaufvereinbarung. Der Kaufpreis betrug EUR 960.000 zzgl. USt. Weiter vereinbarten sie eine Leasingdauer von 48 Monaten und monatliche Leasingraten von EUR 23.500 zzgl. USt. Zugleich gewährte X der Kl. für 48 Monate ein verzinsliches Darlehen i. H. v. 2/3 des Kaufpreises, EUR 640.000. X war zudem auf Verlangen der Kl. verpflichtet, die Informationssysteme nach Ablauf des Leasingvertrages wieder zurückzukaufen.

Mit Rechnung vom 05.03.2007 rechnete die Kl. ggü. X die Leasinggebühren unter Ausweis von 19 % Umsatzsteuer ab. Die Rechnung galt für die volle Vertragslaufzeit. Rechnungen über die einzelnen Raten wurden nicht gestellt. X zahlte lediglich eine Leasingrate. Infolgedessen kündigte die Kl. den Leasingvertrag.

Die Kl. versteuerte eine Leasingrate und nahm zugleich einen Vorsteuerabzug aus Rechtsberatungskosten vor. Das beklagte Finanzamt versagte der Kl. den Vorsteuerabzug. Die Kl. erbringe im Rahmen des Sale-and-lease-back keine Lieferung, sondern eine steuerfreie Kreditgewährung i. S. d. § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG. Den auf die Leasingraten ausgewiesenen Steuerbetrag schulde die Kl. gem. § 14c Abs. 1 UStG. Dieser Ansicht folgte auch das FG Münster.

2. Rechtliche Würdigung des BFH
Der BFH dagegen vertrat die Auffassung, dass die Kl. eine steuerpflichtige Leistung an die Leasingnehmerin X erbracht habe. Der Kl. stehe damit der Vorsteuerabzug zu. Eine Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG verneinte der BFH.

Der BFH stimmt dem FG insoweit zu, als die Kl. keine steuerpflichtige Lieferung an X ausgeführt habe. Die Informationssysteme wurden umsatzsteuerrechtlich weder von X an die Kl. noch von der Kl. zurück an X geliefert. Dies ergebe sich aufgrund einer bei Leasinggeschäften durchzuführen-den Gesamtwürdigung der Verhältnisse auf Grundlage der Verträge und deren tatsächlicher Durchführung. Mehrere Verträge können dabei – je nach Interessenlage der Parteien – als Einheit angesehen werden. Der Leasingnehmer hat danach die Verfügungsmacht über den Leasinggegenstand, wenn ihm am Ende der Vertragslaufzeit das Eigentum übertragen wird oder wenn ihm der Gegenstand wirtschaftlich zuzurechnen ist. Von Letzterem ist auszugehen, wenn der Leasingnehmer überwiegend die mit dem Eigentum verbundenen Chancen und Risiken trägt (z. B. Wertsteigerung, zufälliger Untergang) und die abgezinste Summe der Leasingraten praktisch dem Verkehrswert des Leasinggutes entspricht. Vor diesem Hintergrund sei die Verfügungsmacht an dem Informationssystem durchgängig bei X verblieben. Einzelne Regelungen in den Verträgen, die eine Lieferung der Informationssysteme an die Kl. nahelegen könnten, rechtfertigten kein anderes Ergebnis.

Der BFH sieht in der Leistung der Kl. jedoch keine steuerfreie Kreditgewährung. X selbst habe der Kl. den Kaufpreis zu 2/3 finanziert. Damit könne das Sale-and-lease-back allenfalls zu 1/3 der Finanzierung der X gedient haben. Schwerpunkt der Leistung sei deshalb vielmehr die Mitwirkung der Kl. an einer bilanziellen Gestaltung bei X.

X hatte für das Informationssystem selbst Know-how, Software und Patente entwickelt. Infolgedessen bestand gem. § 248 Abs. 2 HGB ein Bilanzierungsverbot für das Informationssystem. Durch das Sale-and-lease-back-Geschäft war es X jedoch möglich, einen Gegenwert – in Form der Kauf-preisforderung gegenüber der Kl. – zu aktivieren. Durch den Ausweis des Aktivpostens habe X einen wirtschaftlichen Vorteil erhalten. Denn auch Umsätze, mit denen lediglich ein Steuervorteil erlangt werden soll, können Leistungen i. S. d. UStG sein. X konnte infolge des Sale-and-lease-back-Geschäfts mehr Eigenkapital ausweisen, höhere Gewinne ausschütten und eine bessere Bonität in Anspruch nehmen. Dies stelle einen wirtschaftlichen Vorteil dar und bilde den Schwerpunkt der Leistung. Daher sei die Leistung der Kl. steuerpflichtig.

Eine Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG scheidet aus Sicht des BFH ebenfalls aus. Die Rechnung habe auf den Leasingvertrag Bezug genommen, dadurch sei die Leistung zutreffend bezeichnet.

3. Fazit
Die Bewertung von Leasinggeschäften muss stets einzelfallbezogen erfolgen. Je nach konkreter Ausgestaltung der Finanzierung kann eine steuerfreie Kreditgewährung die Leistung prägen oder hinter die steuerpflichtige Leistung zurücktreten. Eine Mitwirkung an der bilanziellen Gestaltung kann eine steuerpflichtige Leistung des Leasinggebers sein.

Ansprechpartner:

Thomas Streit, LL.M. Eur.
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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Stand: 01.08.2016