Umsatzsteuer Newsletter 38/2022
7 % Umsatzsteuer für Gas und Fernwärme
Eine Woche nach dem Deutschen Bundestag hat nun auch der Bundesrat in seiner heutigen Sitzung über die befristete Absenkung der Umsatzsteuer auf Gaslieferungen und Fernwärme abgestimmt: Vom 01.10.2022 bis 31.03.2024 sind statt 19 % nur 7 % zu zahlen. Die Senkung der Umsatzsteuer wird rückwirkend zum 01.10.2022 in Kraft treten. Das stellt die davon betroffenen Gas- und Wärmelieferanten vor große Probleme. Das BMF hat daher am 22.09.2022 auf seiner Website den Entwurf eines BMF-Schreibens veröffentlicht, der bis dato jedoch nur Regelungen zu Erdgaslieferungen, nicht aber zur Fernwärme enthält. Unser KMLZ Umsatzsteuer Newsletter gibt Ihnen hierzu einen ersten Überblick.
1 Bundesrat stimmt der Ermäßigung des Umsatzsteuersatzes für Gas und Fernwärme zu
Eine Woche nach dem Deutschen Bundestag hat nun auch der Bundesrat in seiner heutigen Sitzung (07.10.2022) der vorübergehenden Absenkung der Umsatzsteuer auf Gaslieferungen und Fernwärme zugestimmt. Vom 01.10.2022 bis 31.03.2024 beträgt der Umsatzsteuersatz statt 19 % nur 7 %. Die Unternehmen sind dazu aufgerufen, die Senkung vollständig an die Verbraucher weiterzugeben, um diese von den hohen Energiekosten zu entlasten. Sobald der Bundespräsident das Gesetz ausgefertigt hat und es im Bundesgesetzblatt veröffentlicht ist, tritt die Senkung der Umsatzsteuer rückwirkend zum 01.10.2022 in Kraft.
 
2 Diskussion um die Gasumlage und ihre Umsatzsteuerpflicht
Als diesen Sommer in Berlin festgestellt wurde, dass die Gasumlage als Teil des Gaspreises der Umsatzsteuer unterliegen wird, stellte das Bundesfinanzministerium einen Antrag auf Mehrwertsteuerbefreiung an die EU-Kommission. Die Kommission lehnte diesen Antrag nach kurzer Prüfung ab. In der Tat sieht die MwStSystRL keine Ausnahme bei dieser Art von Abgabe vor. Daraufhin initiierte der Gesetzgeber die Absenkung der Umsatzsteuer von 19 % auf 7 % für die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz, um so durch die Umsatzsteuerpflicht der Gasumlage die Preiserhöhung zumindest teilweise zu kompensieren. Trotz der Rücknahme der zunächst geplanten Gasumlage am 30.09.2022 wurde die Umsatzsteuersenkung für Lieferungen von Gas über das Erdgasnetz beibehalten (§ 28 Abs. 5 UStG n.F.). 
 
Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurde die Steuersatzermäßigung auf die Lieferung von Wärme über ein Wärmenetz ausgedehnt (§ 28 Abs. 6 UStG n.F.). Hintergrund ist, dass Fernwärme oftmals mit Erdgas erzeugt wird.
Möglich wurde die Absenkung des Umsatzsteuersatzes für Erdgas und Fernwärme erst durch eine Änderung der MwStSystRL vom April 2022. Seitdem ist es den EU-Mitgliedstaaten nach Art. 98 Abs. 1 MwStSystRL erlaubt, den ermäßigten Steuersatz auch auf die Lieferung von Fernwärme und Erdgas zu gewähren. Für die Lieferung von Erdgas gilt dies jedoch nur bis zum 01.01.2030 (Anhang III, Nr. 22, MwStSystRL).
 
3 Sehr kurzfristige und auf den 01.10.2022 rückwirkende Ermäßigung des Steuersatzes / BMF-Schreiben
Die sehr kurzfristige und auch auf den 01.10.2022 rückwirkende Absenkung der Umsatzsteuer von 19 % auf 7 % stellt die davon betroffenen Gas- und Wärmelieferanten vor große Probleme. Das BMF hat daher am 22.09.2022 auf seiner Website den Entwurf eines BMF-Schreibens veröffentlicht. Der Entwurf enthält eine Reihe von Vereinfachungs- und Nichtbeanstandungsregelungen, die jedoch nur die Erdgaslieferungen betreffen. Da die Steuersatzermäßigung erst später im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens auf die Lieferung von Wärme über ein Wärmenetz erweitert wurde, konnte das BMF hierzu noch keinerlei Regelungen ausarbeiten. Dies wird sicherlich noch nachgeholt werden.
 
3.1 Allgemeine Anwendungsregelungen und Besonderheiten bei Gaslieferungen
Nach der allgemeinen Anwendungsregelung des § 27 Abs. 1 UStG ist die Änderung des Umsatzsteuersatzes für Lieferungen anwendbar, die ab dem 01.10.2022 ausgeführt werden (S. 1). Dies gilt nach S. 2 auch dann, wenn die Umsatzsteuer dafür – z.B. bei Abschlagszahlungen – bereits vorher entstanden ist. Die Steuerberechnung ist in diesen Fällen erst in dem Voranmeldungszeitraum (VAZ) zu berichtigen, in dem die Lieferung ausgeführt wird (S. 3). 
 
Zu den Besonderheiten der Gaslieferungen: Diese sind erst mit Ablauf des jeweiligen Ablesezeitraums als ausgeführt zu behandeln. Die während des Ablesezeitraums geleisteten Abschlagszahlungen führen also bereits im VAZ ihrer Vereinnahmung zum Entstehen der Umsatzsteuer. Daher hat die allgemeine Anwendungsregelung des § 27 Abs. 1 UStG für Gaslieferungen zur Folge, dass der Gasverbrauch eines Kunden in vollem Umfang demjenigen Steuersatz unterliegt, der am Ende des Ablesezeitraums gilt, und zwar auch dann, wenn zu Beginn dieses Ablesezeitraums noch ein anderer Steuersatz gegolten hat. Um die angestrebte Breitenwirkung der Steuersatzsenkung zu gewährleisten, greifen folgende Regelungen: Sofern der Ablesezeitraum zwischen dem 01.10.2022 und dem 31.03.2024 endet, ist für die Lieferungen des gesamten Ablesezeitraums der ermäßigte Steuersatz von 7 % anzuwenden. Sofern der Ablesezeitraum nach dem 31.03.2024 endet, unterliegen die Lieferungen des gesamten Ablesezeitraums dem 19%igen Steuersatz. Dem kann man „entkommen“, indem der Gaslieferant bis zum 31.03.2024 gesondert abrechnet. Hinsichtlich der Frage, wie die gesonderte Abrechnung zu erfolgen hat, sieht der Entwurf des BMF-Schreibens pragmatische Erleichterungen vor.
 
3.2 Zu hoher Umsatzsteuerausweis in der Unternehmerkette
Hat der leistende Unternehmer zwischen dem 1. und dem 31.10.2022 den Steuersatz von 19 % in seiner Rechnung ausgewiesen und diesen Steuerbetrag auch an das Finanzamt abgeführt, wird es nach dem Entwurf des BMF-Schreibens nicht beanstandet, wenn der Unternehmer den Steuerausweis in den Rechnungen nicht berichtigt. Ein zum Vorsteuerabzug berechtigter Leistungsempfänger darf aus Praktikabilitätsgründen die 19%ige Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen.
 
3.3 Weitere Regelungen im Entwurf des BMF-Schreibens
Der Entwurf des BMF-Schreibens enthält darüber hinaus noch weitere Regelungen, etwa zum Anwendungsbereich (z.B. Biogas über Erdgasnetz, Legen eines Gas-Hausanschlusses) oder zum Anwendungsbeginn (Abrechnung auf Grundlage des sog. Gastages, beginnend um 6.00 Uhr).
 

Ansprechpartner:

Prof. Dr. Oliver Zugmaier
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
Tel.: +49 89 217501260
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liver.zugmaier@kmlz.de

Stand: 07.10.2022