Umsatzsteuer Newsletter 16/2023
Versicherungsteuer bei Garantiezusagen: BMF und BZSt geben weitere Hinweise
Bereits seit dem 01.01.2023 sollen entgeltliche Garantiezusagen nach Ansicht von BMF und BZSt nicht mehr der Umsatzsteuer, sondern der Versicherungsteuer unterliegen. Diese Auffassung haben BMF und BZSt aus dem BFH-Urteil v. 14.11.2018 (XI R 16/17) entwickelt, was zu vielen Unsicherheiten geführt hat. Das BZSt hat nun einen Fragen-und-Antworten-Katalog zu einigen relevanten Themen veröffentlicht. Während manche Aussagen in ihrer Pauschalität überraschen, bleiben andere Problemfelder weiterhin ungeklärt. Auch die erhoffte Rechtssicherheit erlangen die Steuerpflichtigen durch die FAQ nicht.
1 Hintergrund
Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) hat auf seiner Homepage unlängst einen neuen Fragen-und-Antworten-Katalog (FAQ) zur Thematik der Umsatzsteuer und Versicherungsteuer bei entgeltlichen Garantiezusagen veröffentlicht. In Abstimmung mit dem BMF sollen in den FAQ Zweifelsfragen aus der Wirtschaft adressiert werden, die seit Veröffentlichung des BMF-Schreibens vom 11.05.2021 (siehe KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 18 | 2021) bestehen. Die FAQ sind auf Eingaben der Wirtschaftsverbände zurückzuführen. Die Verbände drängen schon seit Längerem auf mehr Rechtssicherheit für ihre Mitglieder.
 
Zur Erinnerung: Der BFH hatte mit dem Urteil XI R 16/17 v. 14.11.2018 entschieden, dass die entgeltliche Garantiezusage eines Kfz-Händlers keine unselbständige Nebenleistung zur Fahrzeuglieferung, sondern eine eigenständige Leistung darstellt. Diese entgeltliche Garantiezusage soll ein Versicherungsverhältnis i. S. d. VersStG begründen und gemäß § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei sein. Mit dem BMF-Schreiben vom 11.05.2021 sollte die Verwaltungsauffassung zu den umsatz- und versicherungsteuerlichen Folgen aus dem BFH-Urteil erläutert werden. Mit einem weiteren BMF-Schreiben vom 18.06.2021 wurde nachgeschoben, dass die zu einer entgeltlichen Garantiezusage eines Kfz-Händlers ergangenen Grundsätze branchenunabhängig gelten sollen. Die Nichtbeanstandungsregel bezüglich der Anwendung der alten Rechtslage wurde mit BMF-Schreiben vom 18.06.2021 und 18.10.2021 jeweils verlängert. Die zahlreichen Schreiben sind wohl auf eine hohe Unsicherheit der Beteiligten und die viel diskutierten Einzelfragen zurückzuführen, die das BMF im Mai 2021 anscheinend noch ausgeblendet hatte. Die Nichtbeanstandungsregel endete nun zum 31.12.2022, sodass die betroffenen Steuerpflichtigen bereits an die Grundsätze zu den entgeltlichen Garantiezusagen gebunden sind.
 
2 Aussagen von BMF und BZSt in den FAQ
Die FAQ beantworten eine Reihe von Fragen, die sowohl die umsatz- als auch die versicherungsteuerlichen Folgen betreffen. Einige Aussagen wiederholen sich, andere schaffen zumindest etwas mehr Klarheit.
  • Entgeltliche Garantiezusagen sind eigenständige Leistungen, keine unselbständigen Nebenleistungen zu einer Lieferung. Sie sind versicherungsteuerpflichtig und umsatzsteuerfrei (§ 4 Nr. 10 Buchst. a UStG).
  • Es ist unerheblich, ob die Versicherungsleistung in einer Sachleistung (Reparatur) oder einer Geldleistung (Reparaturkostenersatz) besteht, da das VersStG insoweit keine Unterscheidung trifft. Es scheint, dass die Verwaltung das BFH-Urteil v. 10.02.2010 (XI R 49/07) als überholt ansieht. Darin wurde ein Garantieversprechen, das auf Reparaturen angelegt war, als umsatzsteuerpflichtig betrachtet, da der Schwerpunkt der Leistung in der Einstandspflicht des Garantiegebers gelegen hatte. 
  • Der Vorsteuerabzug für Eingangsleistungen, die im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Garantiezusage stehen, ist gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen. Die Verwaltung konkretisiert dabei, dass hiervon sowohl Eingangsleistungen für die Übernahme der Verpflichtung selbst als auch für die Erfüllung im Schadenfall (Ersatzteile, Werkzeug) umfasst sein sollen.
  • Es wird erläutert, was unter einem Vollwartungsvertrag zu verstehen ist, der keine entgeltliche Garantiezusage darstellt. Hauptgegenstand der Leistung ist hier die Risikominimierung durch regelmäßige Wartung und Inspektionen. Versprochen wird, die Funktionalität der Ware während der Laufzeit umfassend zu erhalten, nicht dass im Schadenfall für die Funktionalität eingestanden wird. Dem Risiko soll durch die Vollwartung aktiv entgegengewirkt werden.
  • BMF und BZSt wollen (ohne jede Begründung) nicht zwischen Hersteller- und Händlergarantien differenzieren. Hier könnte man argumentieren, dass Hersteller kein fremdes, sondern ein eigenes Risiko übernehmen, oder dass der Hersteller sein Produkt so gut kennt, dass es keine Ungewissheit über Risiken gibt. Auf diese Argumente wird jedoch nicht eingegangen. Ob eine so pauschale Feststellung richtig ist, bleibt fraglich.
  • Die Grundsätze zu den entgeltlichen Garantiezusagen sollen auch in Lieferketten gelten. Entscheidend ist dabei, wer Garantiegeber und Garantienehmer der Garantiezusage sind.
 
3 Offene Zweifelsfälle
Leider haben BMF und BZSt nicht zu allen Zweifelsfällen Stellung bezogen. So ist beispielsweise weiterhin offen, wie die Verwaltung die entgeltliche Verlängerung der Gewährleistungsrechte (Sach- und Rechtsmängelhaftung) über den gesetzlich vorgegebenen Zeitraum hinaus bewertet. Viele Argumente sprechen gegen das Vorliegen einer Versicherung-steuerpflicht. Ob das BZSt die Verlängerung der Gewährleistungsrechte nicht aber doch der Risikosphäre des Käufers zuordnet, bleibt fraglich. Auch haben sich BMF und BZSt nicht dazu geäußert, wie sich Steuerpflichtige bei einer Kollision mit einer abweichenden Rechtsauffassung eines anderen Mitgliedstaats zu den Garantieversprechen verhalten sollten.
 
4 Folgen für die Praxis
Im Ergebnis sind die Konkretisierungen durch BMF und BZSt zu begrüßen. Leider erhalten die Steuerpflichtigen aber auch insoweit keine Rechtssicherheit. Bei den FAQ handelt es sich lediglich um eine Interpretationshilfe ohne Bindungswirkung. Eine Veröffentlichung der Konkretisierungen als BMF-Schreiben wäre daher wünschenswert gewesen. Außerdem wiederholen die FAQ an einigen Stellen leider nur das BMF-Schreiben vom 11.05.2021, ohne zusätzliche Erläuterungen. Zu anderen enorm praxisrelevanten Themen wie der Gewährleistungsverlängerung gibt es weiterhin keine Hinweise. 
 
 
Ansprechpartner:
 
 
Ronny Langer
Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater
Tel.: +49 89 217501250
 
Stand: 20.03.2023