Umsatzsteuer Newsletter 33/2017
Konsignationslager: BMF übernimmt BFH-Rechtsprechung
Der BFH hatte in 2016 erstmalig in zwei Verfahren zu entscheiden, wie Lieferungen über Konsignationslager zu behandeln sind. Das BMF übernimmt nun diese Urteile in den Umsatzsteuer-Anwendungserlass. Die undifferenzierte Sichtweise der Verfügung der OFD Frankfurt/Main ist damit passé. Unternehmen, ob nun Lieferant oder Abnehmer, die nicht bereits nach Veröffentlichung der BFH-Urteile aktiv geworden sind, sollten nun prüfen, ob die Lieferungen über Konsignationslager oder andere Auslieferungslager korrekt abgewickelt werden. Das gilt sowohl für Belieferungen aus anderen EU-Mitgliedstaaten als auch aus Drittländern und selbst für innerdeutsche Vorgänge. Für eine ggf. notwendige Umstellung ist eine Nichtbeanstandungsfrist bis 31.12.2017 vorgesehen.

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Der BFH hatte in seinen Urteilen vom 20.10.2016 (V R 31/15) und vom 16.11.2016 (V R 1/16) entschieden, unter welchen Voraussetzungen bei Konsignationslagern ungeachtet der Zwischenlagerung eine Direktlieferung an den Abnehmer vorliegt – siehe KMLZ Newsletter 03/2017 und 10/2017. Das BMF übernimmt nun in seinem Schreiben vom 11.10.2017 diese Feststellungen.

1.    Feststehender Abnehmer
Nach der bisherigen Fassung des Abschn. 3.12 Abs. 3 UStAE liegt eine Versendungslieferung nur dann vor, wenn es einen feststehenden Abnehmer gibt. Daran hält das BMF auch fest. Es ergänzt nur in Satz 4 („Gleiches gilt …“), dass der Abnehmer unter anderem dann feststehen soll, wenn der Abnehmer bei Beginn der Versendung bereits verbindlich bestellt oder bezahlt hat. Andererseits schränkt das BMF ein, dass eine wahrscheinliche Abnehmerstellung ohne tatsächliche Abnahmeverpflichtung nicht ausreichen soll. Ein Abnehmer kann wohl aber auch dann feststehen, wenn es noch keine verbindliche Bestellung oder Bezahlung gab. Sonst hätte das BMF anders formulieren müssen, z. B.: „Dies gilt nur, wenn …“. Die Einschränkung auf eine verbindliche Bestellung des Abnehmers oder eine tatsächliche Abnahmeverpflichtung wäre auch zu eng gefasst. Man stelle sich eine Konstellation vor, bei der der Abnehmer nur eine unverbindliche Bestellung abgegeben oder eine Absicht bekundet oder gar nur grundsätzliches Interesse gezeigt hat. Wenn der Lieferant dann alles Erforderliche getan hat, um den Liefergegenstand an den Abnehmer gelangen zu lassen, und der Abnehmer die Lieferung auch abnimmt, müsste dennoch bereits zu Beginn des Transports eine Lieferung vorliegen. Es stellt sich außerdem die Frage, was unter verbindlicher Bestellung konkret zu verstehen ist und wo die Grenze zur lediglich wahrscheinlichen Abnehmerstellung verläuft. Hier bleibt ein Interpretationsspielraum.

Etwas unklar erscheint, dass das BMF die Ergänzung lediglich in Abs. 3 vornimmt, in dem ausschließlich die Versendungslieferung geregelt ist. Für die in Abs. 2 geregelte Beförderungslieferung müssten diese Grundsätze ebenfalls gelten. In den neuen Sätzen 4 und 5 des Abschn. 1a.2 Abs. 6 UStAE wird auch jeweils von Beförderung und Versendung gesprochen.

2.    Zwischenlagerung
In Abschn. 1a.2 Abs. 6 UStAE werden die bisherigen BFH-Urteile konkret berücksichtigt. Bei einer verbindlichen Bestellung oder Bezahlung vor Beginn des Transports soll kein innergemeinschaftliches Verbringen auf das Lager, sondern eine Direktlieferung an den Abnehmer vorliegen. Dies gilt sowohl für den Fall eines „Shipment on hold“ als auch für eine kurzfristige Lagerung in einem Konsignationslager. Hierbei verbleiben aber wieder einmal offene Fragen:

  • Was bedeutet „verbindliche Bestellung“ konkret?
  • Gibt es mit dieser Formulierung eine Beschränkung auf Konsignationslager oder gar auf Call-off-stocks?
  • Muss das Lager auf Initiative des Abnehmers eingerichtet worden sein?
  • Was bedeutet kurzfristig (für einige Tage oder Wochen)?

Auch wenn das BMF dies nicht deutlich macht, können solche Einschränkungen nicht sachgerecht sein. Wenn die Unternehmer allerdings Rechtssicherheit haben möchten, sollten sie deshalb – sofern möglich – eine Abwicklung sehr nah an den vom BFH entschiedenen Sachverhalten wählen.

3.    Zeitpunkt der Lieferung
Das BMF stellt durch Ergänzung von Abschn. 3.12 Abs. 7 UStAE klar, dass der Zeitpunkt der Lieferung weiterhin trotz (unbeachtlicher) Zwischenlagerung der Beginn der Beförderung oder Versendung (zum Lager) ist und nicht der Zeitpunkt der Entnahme aus dem Lager.

Dies ist für alle Konstellationen relevant, auch für inländische Lieferungen über ein Konsignationslager. Der Lieferant hat seine Umsätze bei einer angenommenen Direktlieferung für den Voranmeldungszeitraum zu deklarieren, in dem der Transport zum Lager begann, und nicht erst bei Lagerentnahme. Der Abnehmer könnte dementsprechend ein Vorsteuerabzugsrisiko haben, wenn das Lieferdatum auf der Rechnung erkennbar inkorrekt ist.

4.    Lieferungen aus Drittländern
Auch bei Lagerbestückungen aus dem Drittland sollten die vom BFH aufgestellten Grundsätze gelten. Die Änderungen in Abschn. 3.12 UStAE sind ohnehin bezüglich des Transportbeginns nicht räumlich beschränkt. In diesen Fällen ist aber besonders darauf zu achten, ob sich ggf. Änderungen  dahingehend ergeben, wer im Zeitpunkt der Einfuhr Verfügungsmacht hat und somit zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer berechtigt ist.

5.    Zeitlicher Anwendungsbereich
Die dargestellten Grundsätze sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Das BMF gewährt allerdings eine Nichtbeanstandungsfrist bis 31.12.2017. Die bisherigen Regelungen in Abschn. 1a.2 Abs. 6 und Abschn. 3.12 Abs. 3 UStAE können noch so lange zur Anwendung kommen.

6.    Ausblick
Die Kommission hat kürzlich den Vorschlag zur Einführung einer EU-Vereinfachungsregelung für Konsignationslager veröffentlicht. Für zertifizierte Steuerpflichtige wären danach die Lieferungen in ein Konsignationslager in einem anderen EU-Mitgliedstaat ab 01.01.2019 als innergemeinschaftliche Lieferungen zu behandeln, sofern bestimmte Voraussetzungen (Art. 17a MwStSystRL) erfüllt sind.

Ansprechpartner:

Ronny Langer
Dipl.-FW (FH), Steuerberater
Tel.: +49 89 217501250
ronny.langer@kmlz.de

Stand: 12.10.2017